Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät

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Fakultätspreis für gute Lehre der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät 2020


Auch im Jahr 2020 wird die Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät hervorragende Hochschullehre auszeichnen.
Die Fakultät schreibt daher mit Unterstützung des Präsidium erneut den Fakultätspreis für gute Lehre aus. Die Kommission für Lehre und Studium der Fakultät hat beschlossen, den Preis für gute Lehre in diesem Jahr thematisch offen auszuschreiben. Es werden Lehrveranstaltungen ausgezeichnet, die aufgrund ihrer hervorragenden Konzeption und Umsetzung in der Lehre überzeugen.


Kriterien

Die Kommission für Lehre und Studium hat sich auf folgende Kriterien verständigt:

Struktur
  • nachvollziehbare Struktur der Lehrveranstaltung,
Didaktik
  • didaktische Vermittlung der Inhalte
  • Motivation der Studierenden/Anregung zum Selbststudium
  • Feedback zu Beiträgen der Studierenden
  • Beratung hinsichtlich spezieller Arbeitsleistungen und Modulabschlussprüfungen
  • Qualität der Lehr- und Lernmaterialien, sinnvoller Einsatz von Medien
Interaktion
  • Einbeziehung und Motivation der Studierenden,
  • Umgang mit Heterogenität der Studierenden,
  • kritischer bzw. sensibler Umgang mit Diskriminierung
 

Geeignete Lehrveranstaltungen aus dem Sommersemester 2019 und Wintersemester 2019/2020 konnten bis zum 2. Juni 2020 über das Studiendekanat vorgeschlagen werden.
Nominierte Lehrende wurden im Anschluss gebeten, ein kurzes didaktisches Konzept einzureichen. Die insgesamt sechs eingegangen Nominierungen wurden intensiv von den Mitgliedern der Kommission für Lehre und Studium besprochen.


Über die Vergabe des Preises entschied der Fakultätsrat nach Vorschlägen durch die Kommission für Lehre und Studium im September 2020.

 

Es wurden ausgezeichnet:

1. Preis:
PD Dr. Julia B. Köhne, Opfer//Täter-Inversionen. Textuelle und filmische Studien zu Täterhandeln und Gewalterfahren - Institut für Kulturwissenschaft

2. Preis:
Dr. Mona Motakef, Prekäre Erwerbsarbeit - prekäres Leben - Institut für Sozialwissenschaften

3. Preis:
Urszula Ewa Wozniak und Tuba Inal Cekic, Spaces of Encounter and change. Mapping migrant economies in Neukölln und Aksaray - Institut für Sozialwissenschaften

und

Dr. Mats Küssner und Dr. Lilia Taruffi, The Psychology of Contemporary Live Music - Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft


1. Preis

Forschungsseminar und Colloquium Opfer//Täter-Inversionen. Textuelle und filmische Studien zu Täterhandeln und Gewalterfahren, PD Dr. Julia B. Köhne, Institut für Kulturwissenschaft

Die beiden Lehrveranstaltungen fanden im Sommersemester 2019 statt und richteten sich an Studierende des Bachelorstudiengangs Kulturwissenschaft. An beiden Lehrveranstaltungen nahmen jeweils 38 Studierende teil.

Thema der Lehrveranstaltung war die theoretisch, methodisch und inhaltlich anspruchsvolle Frage der Umkehrung oder Aufweichung der als solchen gegensätzlichen Positionen von „Opfer“ und „Täter*in“. Während in juristischen und politischen Prozessen eine strikte Trennung der beiden Positionen zwingend notwendig ist, verschwimmt diese Trennlinie jedoch zunehmend in einigen Persönlichkeitsentwicklungen und intrapersonellen und auch internationalen Beziehungen, sodass Gewaltagent*in und Reagierende*r die Seiten tauschen.

Im Rahmen des Seminars wurde anhand verschiedener Medien textueller und filmischer Art die Festlegung bzw. Flexibilisierung von Täter-Opfer-Bezügen nachgegangen. Neben gemeinsamer Textlektüre, Erarbeitung des Seminarstoffs in Kleingruppen, intensiven Diskussionen in Kleingruppen und im Seminarplenum geschah dies auch in Form von (Gruppen-)Referaten durch die Studierenden.

Eine Besonderheit bildete die Trias aus Forschungsseminar, Kolloquium und einer internationalen Tagung (Opfer//Täter-Inversionen. Mediale Studien zu Täterhandeln und Gewalterfahren, 14. Juni 2019, Humboldt Graduate School), für deren Mitwirkung und Moderation die Studierenden im Rahmen der beiden nominierten Lehrveranstaltungen vorbereitet worden sind. Im Anschluss sind in Teams Tagungsberichte verfasst worden, die in renommierten Fachjournalen veröffentlicht worden sind. Den Studierenden wurde es durch Kombination von gemeinsamen Lernen im geschützten Seminarraum, akademischer Reflektion im Rahmen der Tagung sowie durch die Publikation der Tagungsberichte ermöglicht, sich als ein fokussiertes Team aus Referierenden, Lernenden und Forschenden zu begreifen.

Ziel war es, die intellektuelle Eigenständigkeit der Studierenden zu fördern, das über da Semester erarbeitete Seminarwissen in den Diskussionen auf der Tagung auszutesten und nach nochmaliger Reflektion der scientific community in schriftlicher Form zu präsentieren. Es konnten somit eine Reihe von Kompetenzen – angefangen bei der Ausbildung der wissenschaftlichen Persönlichkeit der Studierenden, über den Transfer von Wissen in das Genre des Tagungsberichts bis hin zum Training der Sprechfähigkeit der Studierenden vor einem heterogenen Tagungspublikum – gestärkt werden.

Die Teilnehmer*innen der Lehrveranstaltung nominierten die Lehrveranstaltung von Julia B. Köhne mit großer Begeisterung und Überzeugung. Sie hoben besonders die Strukturierung der beiden Lehrveranstaltungen anhand eines umfangreichen Seminarplans, der auch Hinweise zu weiterführender Literatur enthielt, sowie die außerordentlichen Fähigkeiten von Julia B. Köhne hervor, die es ihr ermöglichte eine Vielzahl von unterschiedlichen Medien und die Einbindung zweier Referentinnen in besonderer Weise für die Vermittlung der Lehrveranstaltungsthemen nutzbar zu machen. Hervorzuheben ist, dass es Julia B. Köhne gelang, den Studierenden im Rahmen der Lehrveranstaltungen das Gefühl zu geben, sich als kompetente Teilnehmer*innen des akademischen Bereichs wahrzunehmen und sie so zusätzlich zu motivieren.

Die Lehrveranstaltung hat die Mitglieder der KLS vor allem durch die Einbindung der Studierenden in die internationale Tagung überzeugt. Sie lobten darüber hinaus die Vielseitigkeit der Lehrveranstaltung, die aus der produktiven Kombination von Seminar, Colloquium, der Tagung und der Publikation der Tagungsberichte hervorgegangen ist. Weiterhin ist im Rahmen der KLS vor allem der „Spotlight“-Charakter der Lehrveranstaltung als Ideengeber sowie der überdurchschnittliche Input seitens der Lehrenden durch die zahlreichen textlichen und filmischen Quellen hervorgehoben worden.


2. Preis

Vertiefungsseminar Prekäre Erwerbsarbeit – prekäres Leben, Dr. Mona Motakef, Institut für Sozialwissenschaften

Das Vertiefungsseminar fand im Wintersemester 2019/2020 statt und richtete sich primär an Bachelorstudierende der Sozialwissenschaften.

Thema des Seminars war die Frage nach den Folgen von prekärer Beschäftigung für den gesamten Lebenszusammenhang. Das Seminar war damit inhaltlich eingebunden in das von 2014 bis 2017 DFG-geförderte Forschungsprojekt „Ungleiche Anerkennung? ‚Arbeit‘ und ‚Liebe‘ im Lebenszusammenhang prekär Beschäftigter (Wi2142/5-1)“ unter der Leitung von Prof. Dr. Christine Wimbauer.

Das Seminar fokussierte sich inhaltlich auf drei Teilziele: Die Studierenden sollten sich zunächst anhand von Basistexten der arbeits- und geschlechtersoziologischen Prekarisierungsforschung den aktuellen Forschungsstand erarbeiten. Im zweiten Teil des Seminars stand die Erarbeitung von qualitativen Forschungsmethoden im Mittelpunkt. Im dritten Teil wurden auf Basis des bereits erarbeiteten Wissens Interviews aus dem oben genannten Forschungsprojekt zunächst im Plenum, anschließend in Gruppen ausgewertet. Die Auswertung mündete letztendlich in einen Forschungsbericht.

Darüber hinaus konnte Mona Motakef aber den Studierenden durch die Einbindung der Lehrveranstaltung in das DFG-Projekt und die Bearbeitung von Interviewmaterial auch einen umfassenden und realistischen Einblick in den gesamten Forschungsprozess im Rahmen des Projekts ermöglichen und die Studierenden so zur einer intensiven Auseinandersetzung sowohl mit Fragen der Prekarisierungsforschung als auch mit qualitativen Forschungsmethoden motivieren.  

Die Studierenden lobten die stetige Reflektion und Anpassung des Lehr- und Lerntempos in Hinblick auf den jeweiligen Wissensstand der Lerngruppe sowie die auf Feedback bedachte Konzeption des Seminars, die es den Teilnehmer*innen ermöglichte, sich Schritt für Schritt an die Methoden der qualitativen Sozialforschung heranzutasten. Die von Mona Motakef eingesetzte methodische Vielfalt der Lehr- und Lernmethoden motivierte die Studierenden dann auch zum selbstständigen Erarbeiten der Seminarthemen und Forschungsmethoden.

Die Mitglieder der KLS überzeugte das Lehrkonzept, das eine Vielfalt von Lehr- und Lernmethoden – Inputs durch die Lehrende, Kurzreferate, Diskussionsmoderation durch die Studierenden sowie Gruppenarbeit und –auswertung - in den einzelnen Sitzungen des Vertiefungsseminars miteinander kombiniert hat. Außerdem beeindruckte das hohe Maß an stetiger Reflexion der eingesetzten didaktischen Konzepte sowie die Rücksichtnahme und der sensible Umgang mit verschiedenen Dispositionen im Umgang mit den Studierenden von Mona Motakef. Beides zeigt sich auch darin, dass alle Teilnehmer*innen der Lehrveranstaltung das Vertiefungsseminar für den Lehrpreis vorgeschlagen haben.


3. Platz

Seminar Spaces of Encounter and change. Mapping migrant economies in Neukölln und Aksaray, Urszula Ewa Wozniak und Tuba Inal Cekic, Institut für Sozialwissenschaften

Das Seminar fand im Sommersemester 2019 statt und richtete sich vorrangig an Studierende im Bachelorstudiengang Sozialwissenschaften. Es beschäftige sich mit den beiden Stadtteilen Berlin-Neukölln und Aksaray in Istanbul und deren Veränderung durch syrische Geflüchtete. Ziel des Seminars war es, mithilfe kartographischer Methoden die Teilnehmer*innen mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen (Sozialwissenschaften, Architektur, Stadtplanung) in die Lage zu versetzen, diese Veränderungen zu visualisieren, damit sichtbar und für eine weitere Erforschung des Themas nutzbar zu machen.

Nach regulären Seminarsitzungen, die zur Einführung in das Thema und die Methoden dienten, bestand die Lehrveranstaltung in einem zweiten Teil vor allem aus soziologischer Feldforschung zunächst in Istanbul im Rahmen einer Exkursion, die in Form eines Blogs dokumentiert worden ist, als dann auch anschließend in Berlin. Treffen und Diskussionen mit NGOs während der Feldforschung wurden ergänzt durch peer-to-peer-Besprechungen in der Mitte und zum Ende des Semesters über den Stand der Forschung sowie die visuelle und textliche Darstellung der Forschungsergebnisse.

Die Teilnehmer*innen des Seminars empfanden vor allem die Möglichkeit, den Seminarplan selbst durch Anregungen mitgestalten zu können, als überaus motivierend. Sie hoben die damit einhergehende, besonders Förderung von Selbstständigkeit und Engagement im wissenschaftlichen Arbeitsprozess hervor.

Neben der Durchführung als Lehrveranstaltung als Team-Teaching überzeugte die Mitglieder der KLS vor allem der internationale Rahmen der Lehrveranstaltung, der durch den Fokus auf zwei Orte – Berlin-Neukölln einerseits und Aksaray in Istanbul andererseits – und den Einbezug von Geflüchteten vor Ort entstanden ist. In diesem Zusammenhang hat sich eine Vielfalt von Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten ergeben, die Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und Engagement bei den Studierenden gefördert hat.

 

sowie

 

Praxisorientierte Veranstaltung/Q-Kolleg The Psychology of Contemporary Live Music, Dr. Mats Küssner und Dr. Lilia Taruffi, Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft

Die Lehrveranstaltung fand im Wintersemester 2019/2020 statt und richtete sich an in erster Linie an Studierende im Bachelorstudiengang Musikwissenschaft. Die Lehrveranstaltung war aber auch explizit für Studierende anderer Studienfächer und
–gänge geöffnet.

Das Seminar verfolgte zwei Hauptziele: Zum einen sollten die Studierenden einen idealtypischen Forschungsprozess inkl. Datenerhebung erlernen, anderseits sich mit musikpsychologischen Themen auseinandersetzen. Eine Besonderheit der Lehrveranstaltung bestand in ihrem internationalen Format, das durch die Kooperation mit der Durham University im Rahmen des Q-Kollegs entstand, und der Datenerhebung im Rahmen des CTM-Festival 2020, das vom 24. Januar bis 2. Februar 2020 in Berlin stattfand und in diesem Jahr von ca. 50000 Besucher und 366 Teilnehmer*innen aus 55 Ländern besucht worden ist. Das Festival versteht sich als Plattform für außergewöhnliche und gewagte, zeitgenössische Musik und ähnlich gelagerte Kunst. Es verbindet seit 1999 Produzent*innen, Musikschaffende, Akademiker*innen und Künstler*innen miteinander.   

Didaktisch setzten die Dozierenden der beiden Universitäten auf die Methode des forschungsbasierten Lernens. Die einzelnen Sitzungen fanden in unterschiedlichen Konstellationen und Kontexten statt. Hier ist insbesondere und nicht zuletzt die Datenerhebung im Rahmen des CTM-Festival 2020 zu nennen, die den Studierenden die praktische Relevanz der Forschungsmethoden aufzeigte.

Die Gelegenheit, unter solchen realen Bedingungen eine eigene Studie durchzuführen, empfanden die Teilnehmer*innen als besonders motivierend. Diese Motivation wurde durch positives und konstruktives Feedback und eine intensive Betreuung seitens der Dozierenden gestärkt.

Die Mitglieder der KLS hoben in besonderer Weise die spannende, internationale und vorbildhafte Kooperation zwischen Humboldt-Universität zu Berlin und der Durham University hervor. Auch die praxisnahe Datenerhebung im Rahmen des CTM-Festivals 2020 und der dadurch entstehende Praxisbezug wurde im Rahmen der Sitzung in besonderer Weise gewürdigt.