Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät

Fakultätspreis für gute Lehre 2016

Auch im Jahr 2016 wird die Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät hervorragende Hochschullehre auszeichnen. Der Preis wird im Rahmen der Absolvent_innenfeier der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät am 14. Juli 2016 verliehen.
 

Insgesamt wurden 14 Lehrende von Studierenden für den Fakultätspreis für gute Lehre 2016 der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät nominiert. Die Kommission für Lehre und Studium hat in ihrer Sitzung am 1. Juni 2016 ausführlich über die Anträge anhand der Kriterien der offenen Ausschreibung diskutiert. Die Mitglieder empfehlen insgesamt drei Preise zu vergeben, die sich aus zwei ersten Preisen und einem zweiten Preis zusammensetzen. Beide erstplatzierte Lehrveranstaltungen haben die Mitglieder im Konzept, in der Ausgestaltung sowie Durchführung gleichermaßen überzeugt.

 

1. Preis
Seminar „Democracy, the Political and Social Movement in Europe and South Asia: An Intercontextual Dialogue“, Prof. Dr. phil. Ina Kerner, Institut für Sozialwissenschaften und Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien

Das Seminar fand im Sommersemester 2015 statt und war sowohl für Studierende der Sozialwissenschaften als auch der Gender Studies geöffnet. Es befasste sich mit politiktheoretischen Positionen, die eine grundlegende, kritische Reflexion über die Entwicklungen und Phänomene demokratischer Regierungssysteme ermöglichen. Im Mittelpunkt stand eine kritische Auseinandersetzung mit den politikwissenschaftlich etablierten Erklärungsmustern des liberalen Demokratiemodells.

Das didaktische Konzept dieser Lehrveranstaltung sah vor, dass sich die Studierenden zunächst auf Basis von Texten mit den aktuellen Positionen der Politischen Theorie und Bewegungsforschung auseinandersetzen und diese dann anschließend im Rahmen einer Sommerschule in Pakistan vertiefen und mit Hilfe des interkontextuellen Dialogs auf unterschiedliche Praxisfelder beziehen sollten. Das ausführliche und aussagekräftige Nominierungsschreiben von neun Studierenden bestätigte die gelungene Umsetzung dieser Konzeption. Insbesondere hoben die Studierenden in diesem Zusammenhang hervor, dass Frau Kerner es stets gelang, den inneren Zusammenhang der verschiedenen Texte herzustellen, so dass der rote Faden des Seminars stets zu erkennen war. Der Ansatz des interkontextuellen Dialogs ist aufgegangen: Studierende der HU und der Quaid-i-Azam University in Islamabad diskutierten die im Voraus behandelten Texte, sodass die HU-Studierenden Einsichten über die Grenzen westlich etablierter Theorien gewinnen konnten, die erst durch das Gespräch und den Gegenhorizont, den die Studierenden der Quaid-i-Azam University eröffneten, möglich wurden.

Darüber hinaus gelang es Frau Kerner in ihrer Lehrveranstaltung, alle Teilnehmenden gleichermaßen einzubeziehen und Wissenshierarchien abzubauen. Die Studierenden empfanden eine offene Arbeitsatmosphäre, die zu theoretisch anspruchsvollen Diskussionen einlud und auch durch eine ausgeprägte Feedbackkultur in der Lehrveranstaltung unterstützt wurde. Frau Kerner gab nicht nur Rückmeldungen zu einzelnen Beiträgen, sondern nahm auch Impulse der Seminarteilnehmer_innen auf. Die Nominierenden hoben im besonderen Maße die intensive Beratung hinsichtlich der Modulabschlussprüfung hervor. Frau Kerner besprach mit allen Studierenden individuell Aufbau, Argumentation sowie eventuell auftretende Herausforderungen des als Modulabschlussprüfung einzureichenden Essays.

Die Mitglieder der Kommission für Studium und Lehre überzeugte nicht nur das ausgezeichnete und erfolgreiche didaktische Konzept dieser Lehrveranstaltung sowie der studierendenorientierte Blick von Frau Kerner, sondern insbesondere auch die erfolgreiche Anwendung des interkontextuellen Dialogs. Die KLS-Mitglieder honorieren darüber hinaus das Engagement Frau Kerners, ihre internationalen Kontakte für die Bereicherung der Lehre zu nutzen, um Studierenden die Teilnahme an der Sommerschule zu ermöglichen.

Dem Fakultätsrat wird daher vorgeschlagen, das Seminar von Frau Kerner mit dem Preis für gute Lehre sowie 750 Euro Preisgeld auszuzeichnen.

sowie

Seminar „Reformpädagogik – eine historisch-systematische Annäherung kritischer Art“, Marc Fabian Buck, Institut für Erziehungswissenschaften

Das Seminar von Herrn Buck setzte sich kritisch mit reformpädagogischen Modellen auseinander. Im Fokus stand dabei, Reformpädagogik in der vollen Komplexität ihrer Wirkung – als Begriff und Konzept in der Erziehungswissenschaft, in der Praxis, in der Öffentlichkeit – zu problematisieren und in vorwiegend kritischer Lesart zu betrachten. Die Lehrveranstaltung richtete sich an alle Bachelorstudierenden im Fach Erziehungswissenschaften und fand im Wintersemester 15/16 statt.

Herr Buck konzipierte diese Lehrveranstaltung epagogisch, da die Reformpädagogik weder zeitlich, räumlich noch ideengeschichtlich einzugrenzen ist. Obgleich das Lesen von Texten Grundlage der einzelnen Sitzungen war, antizipierte er in der Planung, dass der Zugang zu dem Thema primär praktisch sowie polarisierend ist und es daher Raum für Diskussion bedarf. Dies nutze Herr Buck in seinem Seminar produktiv, um Studierenden zu ermöglichen, eine wissenschaftliche Haltung einzuüben, die es erlaubt, Kontroversen auszuhalten, Argumente auszutauschen und Personen von Aussagen zu trennen. Um einen praktischen Bezug zu gewährleisten, lud Herr Buck einen Experten aus der Praxis in eine Seminarsitzung ein.

Die fünf Nominierenden führten in dem ausführlichen Nominierungsschreiben anhand der in der Ausschreibung aufgeführten Kriterien aus, wie gut das didaktische Konzept von Herr Buck aufging. Die Studierenden betonten dabei den kritischen Ansatz der Lehrveranstaltung und die dafür gut ausgewählte und umfangreiche Literaturauswahl. Des Weiteren lobten sie die stets präsente Verortung einzelner Sitzungen oder Texte im Gesamtkontext des Seminars, die offene und wertschätzende Haltung gegenüber allen Seminarteilnehmer_innen und Herrn Bucks Interesse daran, allen Studierenden die Inhalte verständlich zu machen. Die Sitzung mit dem Experten beurteilten die Studierenden als außerordentliche Bereicherung des Seminars. Ebenfalls hervorgehoben wurde, dass Herr Buck von Anfang an Anregungen für potentiell in der an das Seminar anschließenden Hausarbeit zu bearbeitende Themen und Forschungsfragen gab. Seine differenzierte Hilfestellung zur Entwicklung eigener Fragestellungen trug maßgeblich dazu bei, dass sich die Studierenden von Herrn Buck sehr gut betreut fühlten.

Die Kommission empfiehlt dem Fakultätsrat, Herrn Buck mit dem Preis für gute Lehre sowie 750 Euro Preisgeld auszuzeichnen, da sich sein Seminar in herausragender Weise mit einem diffizilen Thema befasste, welches Herr Buck methodisch und inhaltlich hervorragend aufarbeitete und dabei auch die kritische Reflexion der eigenen Disziplin ermöglichte.

 

2. Preis
Seminar „Deutsche Gebärdensprache I“, Thomas Geißler, Institut für Rehabilitationswissenschaften

Die nominierte Lehrveranstaltung im Studiengang Deaf Studies ist eine Pflichtveranstaltung zu Beginn des Studiums. Sie hat das Ziel, für die Studierenden, die über sehr heterogene Vorkenntnisse verfügen, eine möglichst einheitliche Grundlage in den Kenntnissen der Deutschen Gebärdensprache zu schaffen, um auf dieser Basis das Studium erfolgreich fortzusetzen. Im Mittelpunkt des Kurses stehen das Erlernen eines grundständigen Gebärdenwortschatzes, die präzise und differenzierte Ausführung von Gebärdenzeichen sowie die Führung von kurzen Dialogen in der gebärdensprachlichen Interaktion.

Das didaktische Konzept von Herrn Geißler berücksichtigt im hohen Maße das unterschiedliche Sprachniveau der 20 Studierenden seines Seminars, weshalb jede Sitzung mit einer Wiederholung des bereits Gelernten begann, um somit die kontinuierliche Entwicklung zu fördern. Um die hörenden Studierenden mit den kulturellen Praktiken von gehörlosen Menschen vertraut zu machen, wurden kontinuierlich Interaktionsmuster eingeübt, kulturelle Gegebenheiten simuliert sowie Alltagssituationen nachgestellt. Zur aktiven Einbindung aller Teilnehmer_innen am Seminar, erfolgte das Einüben der neuen Kenntnisse in Kleingruppen, in denen die Studierenden in Gebärdensprache erzählten und durch die Beobachtung der anderen Gruppenmitglieder eine Rückmeldung erhielten. Unterstützt wurde diese Selbsterfahrung durch den Einsatz der Software „Yasla“, an deren Entstehung Herr Geißler mitgewirkt hat, welche die Erstellung von Videoaufnahmen ermöglicht, so dass Studierende Schwierigkeiten selbstständig erkennen und verbessern konnten. 

Die Fachschaftsinitiative Gebärdensprache begründet in ihrem Nominierungsschreiben umfassend und anhand der in der Ausschreibung genannten Kriterien ihre Wahl. Die Studierenden legen überzeugend dar, dass das Konzept von Herrn Geißler, alle Studierenden trotz unterschiedlicher Hörstatus und Vorerfahrungen gleichermaßen zu beteiligen, zu fordern und zu fördern, erfolgreich umgesetzt wurde. Es wurde besonders die von Herrn Geißler angewandte Methodenvielfalt hervorgehoben, die sehr zum Lerneffekt beigetragen hat. Als herausragend empfanden die Studierenden darüber hinaus die Feedbackkultur des Lehrenden. Herr Geißler führte in Vorbereitung der Modulabschlussprüfung mit jeder und jedem Studierenden eine Einzelauswertung durch, in der er Rückmeldung zum aktuellen Sprachstand gab und die individuellen Stärken und Schwächen thematisierte.

Die Kommission für Lehre und Studium überzeugte insbesondere, wie es Herrn Geißler gelang, mit seiner didaktischen Kompetenz und der ausgezeichneten Planung und Umsetzung des Seminars, mit der Vermittlung der zentralen Grundlagen der Deutschen Gebärdensprache in einer sehr heterogenen Studierendengruppe mit unterschiedlichen Vorkenntnissen, die Grundlage für die erfolgreiche Fortsetzung des Studiums zu schaffen.

Deshalb empfiehlt die Kommission für Lehre und Studium, Herrn Geißler mit dem Preis für gute Lehre sowie 500 Euro Preisgeld auszuzeichnen.

 


Ausschreibungstext:

Die Kommission für Lehre und Studium der Fakultät hat beschlossen, den Preis für gute Lehre in diesem Jahr thematisch offen auszuschreiben. Es werden Lehrveranstaltungen ausgezeichnet, die aufgrund ihrer hervorragenden Konzeption und Umsetzung in der Lehre überzeugen.

Die Kommission für Lehre und Studium hat sich über folgende Kriterien verständigt:

  • nachvollziehbare Struktur der Lehrveranstaltung
  • didaktische Vermittlung der Inhalte
  • Umgang mit Diversität der Studierenden
  • Motivation der Studierenden
  • Feedback zu Beiträgen von Studierenden
  • Beratung hinsichtlich spezieller Arbeitsleistungen und Modulabschlussprüfungen
  • Qualität der Lehr- und Lernmaterialien
  • ggf. Evaluationsergebnisse