Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät

Fakultätspreis für gute Lehre 2017


 

Auch im Jahr 2017 wird die Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät hervorragende Hochschullehre auszeichnen. Die Fakultät schrieb daher mit Unterstützung des Präsidiums erneut den Fakultätspreis für gute Lehre aus. Die Kommission für Lehre und Studium der Fakultät hat beschlossen, den Preis für gute Lehre in diesem Jahr thematisch offen auszuschreiben. Es werden Lehrveranstaltungen ausgezeichnet, die aufgrund ihrer hervorragenden Konzeption und Umsetzung in der Lehre überzeugen.

Insgesamt wurden drei Lehrveranstaltungen von Studierenden für den Fakultätslehrpreis für gute Lehre 2017 der Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät nominiert. Die Kommission für Lehre und Studium hat in ihrer Sitzung am 31. Mai 2017 ausführlich über diese Anträge anhand der Kriterien der offenen Ausschreibung diskutiert. Die Mitglieder der Kommission empfehlen einstimmig insgesamt drei Preise zu vergeben, die sich aus zwei ersten Preisen und einem zweiten Preis zusammensetzen. Die beiden erstplazierten Lehrveranstaltungen haben die Mitglieder im Konzept, in der Ausgestaltung und Durchführung sowie im Output beziehungsweise Praxisbezug gleichermaßen überzeugt. Die methodische und inhaltliche Bandbreite der drei vorgeschlagenen Veranstaltungen spiegelt die Vielfalt der Kultur, Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät wider.  

 

1. Preis
Seminar Performing memory: race, gender and diaspora in cultural discourses and practices, Layla Zami, Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien

Das Seminar fand im Sommersemester 2016 statt und war für Studierende des Masterstudiengangs Gender Studies sowie für HU-Studierende im überfachlichen Wahlpflichtbereich anderer Masterstudiengänge geöffnet. Auch Studierende anderer Berliner und Brandenburger Hochschulen nahmen an dem Seminar teil.

Die transdisziplinäre Veranstaltung befasste sich unter dem Thema der kulturellen Erinnerung mit einem vielfältigen theoretischen Korpus aus den Bereichen Kulturwissenschaft, Gender Studies, Postcolonial Studies, Diaspora Studies, Geschichte, Theaterwissenschaften und Performance Studies. Die theoretischen Grundlagen wurden dialogisch in und mit den praktischen Analysen und Interventionen von den Studierenden entwickelt und reflektiert. Im Mittelpunkt standen die kritische Reflexion tradierter Diskurse und Praxen kultureller Erinnerung sowie die praktische (Re-)Konstruktion von Wissen, welche Sensibilität für historische Traumata und Ausschlüsse erkennbar machte. Diese Themen wurden sowohl theoretisch als auch praktisch und künstlerisch behandelt, sodass sehr unterschiedliche Ansätze einbezogen und reflektiert wurden. Die Studierenden hoben im Besonderen hervor, dass Layla Zami jede Seminarsitzung individuell ausgestaltete, was als sehr positiv empfunden wurde.

Das didaktische Konzept sah eine subjekt- und prozessorientierte Lehrveranstaltung im Sinne feministischer Lehransätze vor, welche Wissen als dynamisch begreift. Im Zentrum standen dabei die respektvolle und reflektierte Interaktion zwischen den Studierenden sowie der Dozentin und den Studierenden. Bestandteile des Seminars waren regelmäßige choreographische sowie Atem- und Körperübungen, eine Buchvorstellung und Tanzperformance durch eine Künstlerin mit anschließender Diskussionsrunde. Ziel war eine gleichsam kreative und kritische Auseinandersetzung mit der Theorie und Praxis kultureller Erinnerung. Dabei spielte die Reflexion von physischen und psychischen Prozessen ebenso eine Rolle wie die intellektuelle Auseinandersetzung mit Choreographien und Performances. Die Studierenden fühlten sich durch diese Verbindung verschiedener Perspektiven und die methodische Vielfalt sehr angeregt, sich eigenständig mit den Seminarthemen auseinanderzusetzen.

Die Teilnehmer_innen der Lehrveranstaltung hoben hervor, dass die unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionierungen der Studierenden durch Layla Zami aufgegriffen und in einen offenen und wertschätzenden Raum eingebunden wurden. Hierbei spielten die kontinuierliche Ansprechbarkeit der Dozentin sowie die Dialog- und Feedbackrunden im Kurs eine entscheidende Rolle.

Neben den heterogenen Ebenen des Verstehens und der Produktion von Wissen sowie dem Einbeziehen externer Gäste und Räume hat die Kommission für Lehre und Studium der beeindruckend hohe Output des Seminars überzeugt. So veröffentlichten die Studierenden des Kurses einen Blog sowie eine kleinere Publikation und halfen intensiv bei der Planung und Durchführung des Symposiums Moving Memory mit. Ferner honoriert die KLS, dass Layla Zami in ihrer Lehrveranstaltung künstlerische und wissenschaftliche Ansätze erfolgreich miteinander verbunden hat.

Dem Fakultätsrat wird daher vorgeschlagen, das Seminar von Frau Layla Zami mit dem Preis für gute Lehre sowie 750 Euro Preisgeld auszuzeichnen. 

sowie

1. Preis
Blockseminar Von der Skizze zum fertigen Werk: Mendelssohns „Lieder ohne Worte“ in digitaler Edition und Seminar Edition in der Musikwissenschaft. Methoden, Medien, Perspektiven (Bestandteile einer vierteiligen Editions-Seminarreihe), Dr. Ullrich Scheideler und M.A. Christian Schaper, Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft

Die beiden Lehrveranstaltungen fanden im Sommersemester 2016 und Wintersemester 2016/17 statt und richteten sich an Studierende der Musikwissenschaft.

Musikwissenschaftliche Editionsarbeit vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels zwischen analogen und digitalen Techniken stand im Zentrum der Veranstaltungen. Diese beinhalteten das Erstellen von Notentexten, die Textsicherung, kritische Kommentierung, Texterfassung und Präsentation auf Grundlage von Erstdrucken, Abschriften und Autographen von Komponist_innen.

Dadurch konnte am Ende der beiden Kurse ein musikwissenschaftlicher analoger und digitaler Korpus erstellt werden. Dieser enthält nicht nur Hintergrundinformationen zur Entstehung der Stücke, sondern auch einen gesicherten, der mutmaßlichen Komponistenintention entsprechenden Notentext, der außerdem von Kommentaren zu alternativen Lesarten kritisch begleitet wird.  

Die Studierenden hoben dabei vor allem den didaktischen Aufbau und die Berufsnähe des Seminars hervor, welches zur aktiven Teilnahme anregte und behutsam in anspruchsvolle und komplexe Bereiche des Fachs einführte. Die große thematische Breite wurde durch kleinere selbstständige Aufgaben abgedeckt und ermöglichte ein differenziertes Arbeiten mit den Quellen. Das Seminar folgte hierbei einem Dreischritt aus der Vermittlung grundlegender Editionstechniken in klassischer Weise, ihrer Übertragung auf digitale Arbeits- und Darstellungsformen sowie der Reflexion beider Techniken. Konkret sensibilisierte das Blockseminar für die editorischen Grundlagen, führte in die Editionssoftware EDIROM ein und beinhaltete darüber hinaus eine Exkursion. Das zweite Seminar baute auf diesen Grundlagen auf und gab alternativen Lesarten und Schwierigkeiten bei der Texterschließung breiteren Raum. Durch die kompakte und intensivierte Arbeit in Gruppen konnte die entstandene Dynamik für Diskussionen und kreative Lösungsansätze genutzt werden.

Der Heterogenität der Teilnehmer_innen mit ihrem jeweiligen Kenntnisstand und disziplinären Hintergrund wurde multiperspektivisch begegnet. So wurden die Editionen unter verschiedenen Gesichtspunkten und Interessen betrachtet (beispielsweise philologisch, pianistisch und tonansatzmäßig) und in verschiedenen Lernkontexten bearbeitet. Zugleich boten die Lehrenden Konsultationssitzungen an, um Studierende vorab bei der Vorbereitung der Studienleistung zu beraten.  

Nicht nur wegen des besonders hohen Praxisbezugs, der durch die kreativen und fordernden Aufgabenstellungen innerhalb der Seminare hergestellt wurde, sondern auch aufgrund der Komplexität dieses semesterübergreifenden didaktischen Konzepts, empfiehlt die Kommission dem Fakultätsrat, Dr. Ullrich Scheideler und M.A. Christian Schaper ebenfalls mit dem 1. Platz auszuzeichnen. Das Preisgeld soll auch hier 750 Euro betragen.

 

2. Preis
Seminar Kriegstheorien, Dr. Felix Wassermann, Institut für Sozialwissenschaften

Das Forschungsseminar von Felix Wassermann fand im Wintersemester 2016/17 statt und richtete sich an Masterstudierende der Sozialwissenschaften. Es versammelte auch Teilnehmer_innen aus den Studiengängen Geschichtswissenschaften, Internationale Beziehungen, Sozial-, Asien- und Afrikawissenschaften, Rehabilitationspädagogik sowie Psychologie.

Inhaltlich widmete sich das Seminar sowohl Theorien des klassischen Staatenkrieges als auch pazifistischer Theorien und nicht-westlichen Konzepten des Kriegs. Das Seminar bezog aktuelle Entwicklungen und Diskurse ein und wurde aktiv durch die Studierenden mitgestaltet. In der ersten Hälfte wurden vor allem kanonische Werke behandelt, um den Studierenden einen Überblick unterschiedlicher Perspektiven in diesem Gebiet zu vermitteln. Die zweite Hälfte der Veranstaltung war klassischen Begriffen und Theorien sowie innovativen Ansätzen gewidmet. So beschäftigte sich das Seminar nicht nur mit historischen, sondern auch aktuellen theoretischen Perspektiven; es nahm Bezug auf gegenwärtige politische Aspekte wie die Privatisierung der Gewalt, den Drohnenkrieg und die politischen Reaktionen darauf sowie „asymmetrische Kriege“ oder „hybride Kriege“. Die Studierenden honorierten diese inhaltliche Brandbreite in besonderer Weise.

Im Verlauf des Kurses entwickelten die Studierenden eigene kriegstheoretische Fragestellungen und recherchierten hierzu selbstständig die Autor_innen sowie die Texte. Dadurch wurde mit dem Dozenten gemeinsam ein Wissen erarbeitet, das sich durch eine hohe thematische Breite auszeichnete. Die Teilnehmer_innen hoben in diesem Kontext vor allem die durchdachte, nachvollziehbare und sorgfältige Seminargestaltung hervor.

Die Seminarstunden wurden kontinuierlich durch das Rekapitulieren mit Hilfe von Protokollen aufgearbeitet. Darüber hinaus gelang es dem Dozenten, eine besondere Feedback-Kultur im Kurs zu etablieren, die Lern-, Forschungs- und Gruppenprozesse über das Semester begleitete und den Studierenden die Möglichkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit den Themen, aber auch den eigenen Fragestellungen gab. Hierfür schuf Dr. Felix Wassermann eine offene und sichere Arbeitsatmosphäre, die von den Studierenden besonders geschätzt wurde.

Durch die große Zahl behandelter Theorien konnten Anknüpfungspunkte zu den verschiedenen Fachrichtungen der Studierenden hergestellt und ein diverser und heterogener Seminarcharakter geschaffen werden. Zum Abschluss des Seminars verfassten die Studierenden einen Essay über ein selbst gewähltes Thema, das anschließend weiterführend sowohl innerhalb des Seminars als auch durch eine individuelle Besprechung mit dem Dozenten diskutiert werden konnte.  

Wenngleich das Seminar einen starken theoretischen Charakter besaß, vermochte es Dr. Felix Wassermann, den Lehrinhalt besonders illustrativ und sehr lebendig zu vermitteln. Die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung durch die Studierenden und die motivierende Arbeitsweise des Dozenten befähigten die Studierenden, sich kontinuierlich aktiv und kritisch mit verschiedenen theoretischen Denkweisen auseinanderzusetzen. Daher empfiehlt die Kommission für Lehre und Studium, Herrn Dr. Wassermann mit dem 2. Platz und einem Preisgeld von 500 Euro auszuzeichnen.